„Revolte der Würde“ gestartet: Carola Rackete, Toni Negri und Edouard Louis unterstützen Aufstand der Migranten

„Erheben wir uns, im Namen der Menschenwürde und aller jetzigen und späteren Generationen“, so heißt es im Manifest der Bewegung „Revolte der Würde“, das u. a. von den Schriftstellern Edouard Louis, Robert Menasse und Didier Eribon, den Soziolog*innen Saskia Sassen, Harald Welzer und Jean Ziegler und den Aktivist*innen Carola Rackete und Toni Negri unterzeichnet wurde (Liste). Die Revolte ist Teil des Bibelfilms „Das Neue Evangelium“, der aktuell um die Europäische Kulturhauptstadt Matera entsteht.

 

„Das Radikale am Neuen Testament ist, dass es die politischen Zustände ungefiltert abbildet“, schreibt der Regisseur Milo Rau in der TAZ über seine Bibel-Verfilmung „Das Neue Evangelium“. Gespielt wird Jesus vom kamerunischen Aktivisten und ehemaligen Farmarbeiter Yvan Sagnet. Neben den Darsteller*innen aus den Bibelfilmen von Pier-Paolo Pasolini und Mel Gibson (u. a. Enrique Irazoqui, Ninetto Davoli, Maia Morgenstern und Marcello Fonte) stehen Flüchtlinge, Kleinbauern und ehemalige Sexarbeiter*innen vor der Kamera – insgesamt über 150 Menschen aus allen Teilen der italienischen Gesellschaft.

 

„Das Kernstück unseres ‚Neuen Evangeliums’ ist die Frage nach der Möglichkeit einer Revolte“, so Rau in seinem Regie-Tagebuch. Die „ultrapolitische“ (La Libre Belgique) Neuinterpretation der Bibel ist damit mehr als ein Film: „Ein Freiheitsevangelium, das statt auf den Glauben auf die Tat setzt.“ (Stuttgarter Zeitung) Mit der „Revolte der Würde“ haben Sagnet, Rau und ihr Team deshalb eine breite Front gegen die ausländerfeindliche Politik der italienischen Regierung geschaffen. Erstmals kämpfen italienische Kleinbauern und Migrant*innen Seite an Seite, erstmals wird aus einem Jesusfilm eine reale politische Kampagne. Der erste Protestmarsch der „Revolte der Würde“ (siehe Foto oben) vereinigte vergangene Woche Hunderte von Flüchtlingen, Bauern und Aktivisten, es beteiligten sich mehr als 30 Organisationen – Filme und Medien-Berichte des Marschs und weiterer Protestaktionen der Bewegung finden Sie hier.

 

Das Manifest, aktuelle Filmausschnitte und Medienberichte zu den Aktionen der Bewegung und alle weiteren Informationen finden Sie auf der Homepage und der Facebook-Seite der Kampagne. Die genauen Termine der öffentlichen Drehs des „Neuen Evangeliums“ finden Sie hier oder in der Pressemappe, die Regie-Tagebücher von Milo Rau erscheinen wöchentlich hier (TAZ) oder hier (Tages-Anzeiger).

 

Doch damit nicht genug. Parallel zum „Neuen Evangelium“ eröffnen das IIPM und das NTGent in ganz Europa die Theatersaison. Mit dem kürzlich mit dem französischen Kritikerpreis ausgezeichneten Stück „Die Wiederholung“ beginnt diesen  Donnerstag, 5. September, das flämische Theaterfestival. Das Stück hat im vergangenen Monat die internationalen Festivals von England bis Finnland erobert: „Milo Rau wird seiner Legende mit diesem tiefen und beunruhigenden Stück epischen Metatheaters mehr als gerecht“, schrieb etwa Time Out zu den Aufführungen von „Die Wiederholung“ am Edinburgh Festival. The Guardian urteilte: „Das ist genau die Art Theater, die ein internationales Festival rechtfertigt.“

 

Die neueste, heftig debattierte Inszenierung von Milo Rau – „Orest in Mossul“ – wird nach Stationen in bereits 5 Ländern am 10. September die Theatersaison am Pariser Théâtre Nanterre-Amandiers und am 18. September das serbische Theaterfestival BITEF in Belgrad eröffnen. Rechtzeitig zur italienischen Uraufführung von „Orest in Mossul“ am 23. September erscheint zudem die italienische Übersetzung von Milo Raus Buch „Globaler Realismus“ – das damit nun in fünf Sprachen vorliegt.