„Einen Raum der Sanftmut erschaffen“: „Everywoman“ und „Das Neue Evangelium“ haben in Salzburg und Venedig Premeiere

Was bleibt, was zählt am Ende des Lebens? Heute Abend (19.08.) um 19.30 Uhr feiert nach Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“ und Peter Handkes „Zdenek Adamec“ als dritte und letzte Schauspielpremiere der diesjährigen Salzburger Festspiele „Everywoman“ von Milo Rau und Ursina Lardi Premiere. Ausgehend vom allegorischen Lehrstück „Jedermann“ über das richtige Leben und die Erlösung im Glauben ist es ein intimes Gespräch über das Vergangene und das Bevorstehende, das Leben, den Tod, die Einsamkeit und die Gemeinschaft. Was ist das – der Tod? Warum diese extreme Prüfung – allein? Was könnte eine humane, eine künstlerische Antwort sein auf den Skandal unser aller Sterblichkeit?

 
Nach „Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs“, wofür Milo Rau und Ursina Lardi gemeinsam in den Kongo reisten, und der Produktion „Lenin“, in der sie anhand der letzten Wochen des russischen Revolutionärs die Utopien des 20. Jahrhunderts einer intensiven Befragung unterzogen, begeben sich Rau und „die unvergleichliche Ursina Lardi“ (Die Zeit) für „Everywoman“ auf eine existenzielle Recherche ins Herz der Einsamkeit unserer Zeit. „Aber „Everywoman“ weist weit über das individuelle Schicksal hinaus, der Monolog steigert sich zunehmend in eine furiose Weltanklage“, so die Wiener Zeitung in einem Vorabbericht über den Abend, der Live-Performance und Video verwebt (Dramaturgie: Carmen Hornbostel; Bühne: Anton Lukas; Video: Moritz von Dungern; Musik: Jens Baudisch).

 
„In ‚Everywoman‘ geht es um etwas sehr Simples: einen Raum der Konzentration, der Sanftmut zu schaffen. Auf einen einzigen Menschen zu schauen und zu verstehen: die existiert, so wie ich existiere. Und zu fragen: Warum setzen wir nicht all unsere Kraft daran, genau solche Räume zu finden, in ihnen gemeinsam zu leben?“, so Milo Rau in der Pressemappe zum Stück. Leider sind alle Vorstellungen in Salzburg bereits ausverkauft, es gibt aber noch Karten für die Vorstellungen an der Berliner Schaubühne (ab 15. Oktober) oder am NTGent (ab 27. November). Wir freuen uns, Sie an einem der Spielorte begrüßen zu dürfen!

 
„Unsere Lebensweise ist die soziale Skulptur eines tragischen Versagens“, schreibt Milo Rau in der heutigen Ausgabe des Standard, und fährt fort: „Alles, alles muss anders werden.“ Bereits zweieinhalb Wochen nach der Salzburger Uraufführung wenden sich Rau und sein Team dem vielleicht wirkmächtigsten spirituellen Revolutionär der Menschheitsgeschichte zu: mit dem „Neuen Evangelium“ feiert am 6. September an den Filmfestspielen von Venedig Raus radikale Neuinterpretation des Neuen Testaments Premiere, in der Hauptrolle als Jesus ist der kamerunische Aktivist Yvan Sagnet zu sehen. Eine umfangreiche Pressemappe zu dem in Süditalien gedrehten Film (Produktion Fruitmarket, Langfilm, IIPM) und seinen Hintergründen finden Sie unter diesem Link.