Das war 2015, das wird 2016
Rückblick und Vorschau

Drei Theaterstücke, einen Film und zwei Bücher lanciert das IIPM für das Jahr 2016: Mit dem anlässlich der Vorpremiere am Nationaltheater in Rennes von der französischen Presse begeistert aufgenommenem Doppel-Monolog MITLEID. DIE GESCHICHTE DES MASCHINENGEWEHRS eröffnet das IIPM das Jahr an der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin (UA 16.01.2016 mit Ursina Lardi und Consolate Sipérius). Für FIVE EASY PIECES, eine Kooperation mit dem Genter Theater CAMPO, wird das IIPM zum ersten Mal mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, internationale Premiere ist im Mai am Kunstenfestival in Brüssel. Mit EMPIRE (UA Theaterspektakel Zürich / Schaubühne Berlin, August 2016) kommt der dritte und letzte Teil der Europa-Trilogie in die Theater. Der Film zum KONGO TRIBUNAL befindet sich aktuell im Schnitt und wird im Herbst nächsten Jahres auf Festival- und Vorpremierentour gehen. Ebenfalls im Herbst 2016 erscheint, in Kooperation mit der ZHdK – Zürcher Hochschule der Künste – im Diaphanes-Verlag der ästhetik- und politiktheoretische Band DREIUNDDREISSIG BEGRIFFE, mit dem das IIPM sein Nationalfonds-Projekt zum „Neuen Realismus“ abschliesst.

 

2015 war das neunte und bisher erfolgreichste Jahr des IIPM – International Institute of Political Murder seit Gründung im Jahr 2007. Wie im Vorjahr waren Produktionen des IIPM auf allen wichtigen internationalen Festivals vertreten, u. a. am Kunstenfestival in Brüssel, den Wiener Festwochen, dem Theaterspektakel in Zürich, dem F.I.N.D. in Berlin und der Biennale Teatro in Venedig. Verschiedene Retrospektiven widmeten sich dem theatralen und filmischen Werk von Milo Rau und seinem IIPM, u. a. in der Saison 2015/16 in Genf und Paris sowie in der aktuellen Saison in Gent (Belgien). Mit an die 100 Gastspiel-Aufführungen tourten ältere Produktionen wie HATE RADIO, DIE MOSKAUER PROZESSE oder BREIVIKS STATEMENT um den Globus, die neu produzierten Erzählstücke THE CIVIL WARS und THE DARK AGES begeisterten Presse und Publikum.

 

So wurde etwa die „europäische Seelenerforschung“ THE CIVIL WARS in gleich zwei Ländern auf Platz 1 der Theatercharts 2015 gewählt: In Spanien hoben die Kritiker von „Time Out“ das „Werk von absoluter Wahrheit, diese theatrale Quadrierung des Kreises“ auf die erste Position ihrer „Top 2015“, in Frankreich setzte der führende Kulturblog „Toute la Culture“ das Stück auf seine diesjährige Bestenliste. Wie bereits zu den IIPM-Produktionen HATE RADIO (2014) und dem LEITFADEN FÜR BRITISCHE SOLDATEN IN DEUTSCHLAND (2015) entsteht aktuell auch zum zweiten Teil der Europa-Trilogie THE DARK AGES eine Hörspielfassung in Zusammenarbeit mit dem WDR.

 

Die erste Produktion des kommenden Jahres – MITLEID. DIE GESCHICHTE DES MASCHINENGEWEHRS – führte anlässlich der französischen Vorpremiere im Dezember am Nationaltheater in Rennes zu begeisterten Reaktionen: „Mit MITLEID bringt Rau die Grenzen seines Theaters des Realen in Bewegung“, schrieb Le Monde. „Ein 90-minütiger Monolog von hinreissender Expressivität“, urteilte Agence France-Presse (AFP). Die Uraufführung von MITLEID findet am 16. Januar an der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin statt.

 

Ebenfalls Ende des Jahres wurden Milo Rau und das IIPM – vergangenes Jahr u. a. ausgezeichnet mit dem „Hörspielpreis der Kriegsblinden“, der „Besonderen Auszeichnung“ des Festivals des Deutschen Films und dem „Schweizer Theaterpreis“ – mit einem ganz besonderen Preis geehrt: Der Schriftsteller Adolf Muschg, von den Kuratorinnen und Kuratoren (u. a. Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble und Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestags) zum alleinigen Juror benannt, hatte sich überraschend für Rau als ersten Preisträger des „Konstanzer Konzilspreises. Preis für europäische Begegnungen und Dialog“ entschieden. Der umstrittene Schweizer Autor, Regisseur und Aktivist, so die Begründung des Kuratoriums für die Wahl, “prägt mit aufsehenerregenden Inszenierungen das politische Theater in Europa.” Die Stücke, Filme und Bücher von Rau und seinem IIPM – International Institute of Political Murder sind aktuell in über 30 Ländern in und ausserhalb Europas präsent.

 

Höhepunkt des vergangenen Jahres waren aber sicher die „ungeheuerlich spannenden“ (taz) Verhöre des „Kongo Tribunals“, welche das IIPM mit über 1.000 Beteiligten im Bürgerkriegsgebiet in Bukavu (Mai) und in den Berliner Sophiensaelen (Juni) durchführte. „Das ambitionierteste politische Theaterprojekt, das je inszeniert wurde”, urteilte die Zeitung THE GUARDIAN und fügte hinzu: „Ein Meilenstein.“ „Ein Wahnsinnsprojekt“, schrieb DIE ZEIT: „Wo die Politik versagt, hilft nur die Kunst.“ Die belgische Zeitung LE SOIR schrieb: „Makellos. Milo Rau ist einer der freiesten und kontroversesten Geister unserer Zeit.“ Und die taz meinte: „Zum ersten Mal in der Geschichte wird hier die Frage nach der Verantwortung für Verbrechen gestellt.” Mehr als hundert Journalisten aus der ganzen Welt nahmen an den Tribunalen in Ostafrika und Europa Teil, um über das „größenwahnsinnigste Kunstprojekt unserer Zeit“ (Radio France Internationale – RFI) zu berichten.

 

Dank der Basisförderung durch den Berliner Senat wird auch in der kommenden Spielzeit Berlin einer der zentralen Produktionsstandorte des IIPM bleiben. Nach der Produktion des Repertoire-Stücks MITLEID. DIE GESCHICHTE DES MASCHINENGEWEHRS wird das IIPM im April mit der Münchener Produktion THE DARK AGES („Unglaublich intensiv“, La Libre Belgique) nach Berlin an die Schaubühne kommen und im September die Europa-Trilogie mit EMPIRE dortselbst abschließen. Die belgisch-deutsche Produktion FIVE EASY PIECES (CAMPO/IIPM) wird im Juni 2016 an den Sophiensaelen deutsche Premiere feiern. Ebenfalls fortgesetzt wird die Kooperation mit dem Verbrecher Verlag: Nach der Publikation der Essay-Sammlung ALTHUSSERS HÄNDE im Juni 2015 steht kommendes Jahr der umfangreiche Materialband DAS KONGO TRIBUNAL auf dem Programm des Berliner Verlags.

 

Ebenfalls weiter ausgebaut wird der Schweizer Produktionsstandort des IIPM: Seit August 2014 kooperiert das IIPM mit der Zürcher Hochschule der Künste im Rahmen eines mehrjährigen künstlerischen Forschungsprojekts, in dessen Verlauf 2016 ein Kongress, ein Seminar und die ästhetiktheoretische Publikation DREIUNDDREISSIG BEGRIFFE geplant sind. Wie vergangenes Jahr ist das IIPM zudem fester Partner der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia. Sowohl MITLEID. DIE GESCHICHTE DES MASCHINENGEWEHRS als auch FIVE EASY PIECES entstehen als Koproduktionen mit Schweizer Partnern, u. a. dem Théâtre Vidy Lausanne, dem Festival La Bâtie Genf, der Gessnerallee Zürich und der Kaserne Basel. EMPIRE, der dritte und letzte Teil der Europa-Trilogie, ist eine Neuproduktion für das Theaterspektakel 2016, welches 2015 mit THE DARK AGES eröffnete und 2014 den ersten Teil der Trilogie zur Uraufführung gebracht hatte.

 

Wir danken allen Partnern und Freunden für ihre Unterstützung und ihr kritisches Interesse im vergangenen Jahr und freuen uns auf ein genauso ereignis- und erfolgreiches Jahr 2016.