In diesen Tagen geht das wohl verrückteste Jahr in der Geschichte des IIPM zu Ende: von Madrid bis Mossul, von Gent bis Zürich, von Sao Paulo bis Moskau und von Matera bis Taiwan waren unsere Stücke unterwegs, organisierten wir Aktionen, drehten wir Filme und debattierten mit Publikum und Presse. Aus Kunst wurde Auseinandersetzung, aus Auseinandersetzung […]


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„So einflussreich wie einst Lars von Triers Dogma-Filme“: das war 2019!

In diesen Tagen geht das wohl verrückteste Jahr in der Geschichte des IIPM zu Ende: von Madrid bis Mossul, von Gent bis Zürich, von Sao Paulo bis Moskau und von Matera bis Taiwan waren unsere Stücke unterwegs, organisierten wir Aktionen, drehten wir Filme und debattierten mit Publikum und Presse. Aus Kunst wurde Auseinandersetzung, aus Auseinandersetzung Solidarität: Wohl über keine Produktion wurde vergangenes Jahr europaweit so viel diskutiert wie über den in mehreren Ländern zum „Stück des Jahres“ gewählten „Orest in Mossul“ – „vielleicht Milo Raus beste Produktion“ (Süddeutsche Zeitung), aber auch eine der umstrittensten seit Bestehen des IIPM. Am meisten Debatten erzeugten aber wohl die Neuverfilmung des Evangeliums in Süditalien: Zahlreiche Zeitungen, darunter auch die New York Times setzten den Jesus unseres „Neuen Evangeliums“ auf ihre Titelseiten und die katholische Kirche beschloss, die vom Jesus-Darsteller Yvan Sagnet gegründeten „Häuser der Würde“  finanziell zu unterstützen.

 

Unter anderem in England, den Niederlanden, Spanien und Frankreich schafften es 2019 unsere Produktionen „Die Wiederholung“ und „Orest in Mossul“ auf die Bestenlisten der Kritik und wurden mit dem französischen Kritikerpreis und dem italienischen Premio UBU als „bestes ausländisches Stück des Jahres“ ausgezeichnet. In Amsterdam und Sao Paulo wurden vergangenes Jahr Festivals der Arbeit von Milo Rau gewidmet, in Schweden wurde der Leiter des IIPM zum Ehrendoktor ernannt, in England für denInternational Awardnominiert. Die Welttour von „Five Easy Pieces“ kam nach fast 5 Jahren, 25 Ländern und über 200 Shows  zu Weihnachten am NTGent an ihr Ende, während im nordbrasilianischen Amazonas bereits die Arbeit an „Antigone im Amazonas“ beginnt – nach „Orest in Mossul“ und „Das Neue Evangelium“ der Abschluss von Milo Raus „Antikentrilogie“.

 

Ende vergangenen Jahres wurde das neue NTGent mit Milo Raus „Genter Altar“ eröffnet – „ein Stück Theatergeschichte“, so Le Soir. Zwei Werkschauen in Amsterdam und Sao Paulo widmeten sich 2019 ausführlich der Arbeit des „legendären Theatermachers“ (Time Out), und gemeinsam mit dem Verbrecher Verlag wurde mit den „Golden Books“ eine mehrsprachige, bisher 4bändige Buchreihe ins Leben gerufen. Mit Das geschichtliche Gefühl (Alexander Verlag) veröffentlichte Rau, der in St. Petersburg mit dem Europäischen Theaterpreis und an der Universität Lund mit einem Ehrendoktorat ausgezeichnet wurde, erstmals einen Überblick über seine theatrale Ästhetik. Das Buch, das aktuell ins Italienische und ins Französische übersetzt wird, wurde zum kleinen Verkaufserfolg und lag in Deutschland sogar an Bahnhofskiosken aus. Als Inhaber der Münsteraner Poetikdozentur führte Rau ab Oktober 2019 sein Konzept des „globalen Realismus“ mit der Vorlesungsreihe „Die Rückeroberung der Zukunft“ weiter, die nächstes Jahr im Rowohlt-Verlag unter dem gleichen Titel erscheint.

 

Auch im Bereich Theater war 2019 ein aussergewöhnliches Jahr: Allein Milo Raus „Die Wiederholung“ – das erste gemäß dem „Genter Manifest“ produzierte Stück – war vergangenes Jahr auf fünf Kontinenten unterwegs. Die 2019 unter anderem mit dem Preis der französischen Kritikervereinigung und dem italienischen Premio UBU als „bestes ausländisches Stück des Jahres“ ausgezeichnete und von der New York Times bereits 2018 zu den „zehn besten Stücken Europas“ gekürte Produktion, fand sich Ende 2019 unter anderem auf der Kritiker-Bestenliste von The Guardian.
Nicht anders „Orest in Mossul“: von Belgrad bis Zürich, von Madrid bis Rom führte das vergangenes Frühjahr in der ehemaligen Hauptstadt des Islamischen Staats produzierte „grössenwahnsinnige und grandiose“ Stück (Wiener Zeitung) zu Debatten bei Publikum und Kritik. Die Wochenmagazine der SZ und des Tagesanzeigers setzten das Stück auf ihre Titelseiten, die deutsche Theaterzeitung „Theater Heute“ widmete dem Projekt gleich zweimal seine Cover-Story, die New York Times, ARTE und De Standaard begleiteten Milo Rau nach Mossul. Während eine zu dem Projekt geschriebene Reportage den deutschen Reporterpreis gewann, wurde das Stück bisher in Kritiker*innenumfragen u. a. in Spanien, Frankreich, Italien und Holland zu den „Best-Of 2019“ gewählt.
Das schönste Umfrageergebnis kam aber wohl unter den niederländischsprachigen Kritiker*innen zustande: Milo Rau konnte hier Nennungen für das „Beste Stück“ („Orest in Mossul“), die „Beste Theatergesellschaft“ (NTGent), das „Beste Festival“ (das 2019 der Arbeit von Milo Rau gewidmete Brandhaarden-Festival) und das „Engagierteste Werk“ auf sich vereinigen. In der Schweiz schaffte es der Autor und Regisseur auf die Liste der „grössten Theaterleute des 21. Jahrhunderts, das belgische Fernsehen widmete dem Regisseur zum Jahresausklang gar einen – durchaus kritischen – Film: „The Adoration„.

 

„Das Genter Theater ist ähnlich einflussreich fürs aktuelle Theater wie einst Lars von Triers Dogma-Filme für den Film“, beschrieb anlässlich der deutschen Premiere von „Orest in Mossul“ eine Zeitung den Einfluss der Theater- und Theoriearbeit Milo Raus. Das international größte Echo und die nachhaltigsten Debatten aber erzeugte vergangenes Jahr Milo Raus Neuverfilmung des Evangeliums im süditalienischen Matera. An der Seite von Pier Paolo Pasolinis Jesus (Enrique Irazoqui) und Mel Gibsons Heiligen Maria (Maia Morgenstern) war in der monumentalen Neuverfilmung erstmals im europäischen Film ein schwarzer Jesus zu sehen: der kamerunische Aktivist Yvan Sagnet. Über hundert Darsteller*innen aus allen Schichten der italienischen Gesellschaft, von afrikanischen Flüchtlingen bis zu führenden Politiker*innen, nahmen an den Dreharbeiten teil, Zeitungen und Fernsehstationen aus aller Welt berichteten. Die parallel geführte Kampagne  „Revolte der Würde“ führte zur Gründung selbstverwalteter Flüchtlingsunterkünfte – unterdessen von der katholischen Kirche selbst anerkannt und finanziell unterstützt.

 

2019 war damit das zugleich globalste und nachhaltigste Jahr des IIPM. Das Experiment eines „Stadttheaters der Zukunft“ führte zu Auslastungszahlen vor Ort von fast 90 Prozent, ein Rekord in der Geschichte des NTGent. Gleichzeitig tourten IIPM- und NTGent-Produktionen auf allen Kontinenten, fanden Workshops von Hongkong über Münster bis Paris, von Sao Paulo über London bis Palermo statt und vertieften damit die Debatte über einen „Globalen Realismus“ jenseits von Nation und Geschlecht. Die von Milo Rau mit „Die Wiederholung“ begonnene Reihe „Geschichte des Theaters“ wurde von Faustin Linyekula am letzten Festival d’Avignon mit einem zweiten Kapitel fortgesetzt, das dritte wird kommende Spielzeit die Spanierin Angelica Liddell schreiben: eine genauso spielerische wie radikale „Geschichte“ eines Theaters von allen für alle.



  Ein Ehrendoktorat in Schweden, eine Retrospektive in Brasilien, eine Welttour über 5 Kontinente, ein neues Buch und eine Neu-Inszenierung der „Orestie“ in der ehemaligen Hauptstadt des „Islamischen Staats“ im Nordirak: dieses Frühjahr ist das wohl verrückteste in der Geschichte des IIPM – International Institute of Political Murder seit seiner Gründung.     „Wer homophob […]


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Theater auf 5 Kontinenten, ein Ehrendoktorat, die Orestie in Mossul: Das wird der Monat März!

 

Ein Ehrendoktorat in Schweden, eine Retrospektive in Brasilien, eine Welttour über 5 Kontinente, ein neues Buch und eine Neu-Inszenierung der „Orestie“ in der ehemaligen Hauptstadt des „Islamischen Staats“ im Nordirak: dieses Frühjahr ist das wohl verrückteste in der Geschichte des IIPM – International Institute of Political Murder seit seiner Gründung.

 

 

„Wer homophob ist, ist auch pädophil“: Umstrittene Retrospektive für Milo Rau in Brasilien 

Im Februar war in Amsterdam eine umfassende Retrospektive der künstlerischen Arbeit von Milo Rau zu sehen, kommende Woche reist das Werk des Schweizer Theater- und Filmemachers nach Südamerika: Der Schweizer steht dieses Jahr zentral auf dem MITsp-Festival, dem größten Performance-Festival Brasiliens.
Rau, der für das kommende Jahr ein Projekt zusammen mit der brasilianischen Landlosenbewegung vorbereitet und spätestens seit seinem offenen Brief gegen Präsident Bolsonaro in Brasiliens Rechter umstritten ist, wird in São Paulo unter anderem Vertreter der Landlosenbewegung und den aufgrund einer Performance vom Tod bedrohten Künstler Wagner Schwartz treffen. Dass in São Paulo auch das Pädophilie-Stück „Five Easy Pieces“ und das Stück gegen Homophobie „Die Wiederholung“ zu sehen sein wird, sorgt bereits vorab für Debatten.
„Jeder kann seine eigene Meinung vertreten“, sagte Milo Rau einer portugiesisch-sprachigen Zeitung vergangene Woche, „aber lassen Sie mich eines festhalten: Pädophilie und Homophobie sind strukturell das gleiche, denn beide Haltungen beinhalten Gewalt.“ Die Rau-Retrospektive wird in São Paulo stattfinden, die geplante Übernahme der Stücke nach Rio de Janeiro wurde vor zwei Tagen überraschend abgesagt.

 

 5 Kontinente in 4 Wochen: „Die Wiederholung“, „Five Easy Pieces“ und „Die 120 Tage von Sodom“ bereisen die Welt  

Doch Brasilien ist nur eine Station auf der Welttour des IIPM. „Die Welt liegt Milo Rau zu Füssen“, titelte kürzlich die Zeitung De Standaard metaphorisch – allein im Monat März ist etwa die „Repräsentations-Trilogie“ des IIPM auf 5 Kontinenten zu sehen.
Während „Five Easy Pieces“ (2016) nach einer zweieinhalbjährigen Tour rund um den Globus in New York die lang erwartete Nordamerikapremiere feiert, reist die bereits für zahlreiche Preise nominierte und u. a. von der New York Times, Le Temps und Nachkritik.de zu den besten Inszenierungen des Jahres gewählte Stück „Die Wiederholung“ (2018) im kommenden Monat durch Australien, Südamerika und Taiwan, um im Anschluss seine Europa-Tour fortzusetzen.
„Die 120 Tage von Sodom“, für die Milo Rau 2017 mit dem Theater HORA zusammenarbeitete, indes kommt nach Holland und Spanien nun nach Portugal. Alle wichtigen Termine finden Sie hier oder hier.

 

 „Alternative zum aktuellen System“: Ehrendoktorat für Milo Rau in Schweden 

Wie die Lunds Universitet Malmö vergangene Woche bekannt gab, wird Milo Rau erster Ehrendoktor der Fakultät für bildende Kunst und Performance. Die Lunds Universität, die unter anderem Thomas Mann und Kofi Annan mit dem Ehrendoktor auszeichnete, begründet die Ernennung eines der „einflussreichsten und provokativsten Theater- und Filmregisseurs unserer Zeit“ wie folgt: „Raus Kunst beschränkt sich nicht auf Regie, sondern beinhaltet auch eine Weiterentwicklung der Sozialanalyse, der Interaktion mit dem Publikum und der Arbeit des Schauspielers. Als Autor und weltweit Vortragender analysiert Rau das Theater unter anderem mit den Mitteln der Soziologie und der Kulturtheorie. Als künstlerischer Leiter des NTGent hat er ein Manifest veröffentlicht, das die zukünftige Rolle der Institutionen in den Darstellenden Künsten umreißt und kollaboratives Arbeiten sowie die Inklusion neuer Stimmen als mögliche Alternative zum aktuellen System fordert.“
Der seit 15 Jahren als Poetikprofessor, Forscher, Workshop-Leiter und Vortragender an zahllosen Universitäten und Bildungsinstitutionen weltweit tätige Rau wird am 23. Mai in Malmö seine Antrittsvorlesung halten und am 24. Mai in der Kathedrale von Lund zum Doktor geehrt.

 

 „Das geschichtliche Gefühl“: Neues Rau-Buch im Druck 

„Ein Tschechowsches Porträt – technisch perfekt und unglaublich stark gespielt“, jubelte die niederländische Zeitung „Volkskrant“ anlässlich der Amsterdam-Gastspiele des Schaubühne-Dauerbrenners „Lenin“ (2017) vergangenen Monat, in dem Ursina Lardi den gleichnamigen Revolutionsführer spielt.
Wie auf der Bühne Geschichte lebendig wird, wie sich Recherche, Regie- und Schauspielkunst, Video und Performance zum Gesamtkunstwerk „Theater“ zusammenfinden: Davon handelt Milo Raus neues Buch „Das geschichtliche Gefühl“, das diesen Monat im Berliner Alexander Verlag erscheint. „Rau denkt die Konzepte von Mimesis und Immersion, Katharsis und Tragik nach der Postmoderne neu – im Dienst eines Theaters, das ‚utopische Identifikation’ und globale Solidarität einübt und ‚Institutionen der Zukunft’ etabliert“, schreibt der Herausgeber.
Erweitert wird das Buch, das auf Raus Saarbrückener Poetikdozentur basiert, von zwei Gesprächen mit Rolf Bossart und Harald Welzer sowie einem Essay von Johannes Birgfeld über „Raus Theater der Revolution“.

 

 „Orest in Mossul“: Milo Rau inszeniert die Orestie im Nordirak 

„Man kann sich auf der Ausbeutungspraxis ausruhen oder man kann ihr eine Praxis der Solidarität entgegen setzen. Warum können wir das Öl aus Mossul konsumieren, uns aber nicht für die Menschen dort, ihre Geschichten, ihre Kunst interessieren?“, fragt Milo Rau in einem Gespräch mit dem Dramaturgen Stefan Bläske zu „Orest in Mossul“ (Presseheft hier)
Die neue Inszenierung Raus, die mit einem gemischten Ensemble aus Irakern und Europäern in Mossul und Gent als Koproduktion des NTGent und des Schauspiel Bochum entsteht, wird am 17. April in Gent Premiere feiern. Darin hinterfragt Rau seine Praxis des „Globalen Realismus“ anhand der ältesten erhaltenen Tragödien-Trilogie, der „Orestie“ von Aischylos: Was bringt eine Zusammenarbeit über die Kontinente hinweg? Was kann eine Orestie in der erst kürzlich vom IS befreiten Stadt erzählen über die großen Themen der Tragödie: über Gewalt, Schuld, Verzeihen? Und was kann ein westliches Ensemble von der widerständigen Praxis irakischer Künstlerinnen und Künstler lernen, die trotz Todesstrafe fortfuhren, Musik, Photographie, Tanz und Theater zu zelebrieren?
„Unser „Orest in Mossul“ ist gewissermaßen der Versuch, eine Porzellanvase über ein Minenfeld zu tragen. Man muss extrem optimistisch sein, um das zu versuchen. Deshalb zählt für uns allein schon der Versuch“, so Rau über sein neuestes Projekt am NTGent. Mehr Informationen hier.



  „From strength to strength“: 100 Tage NTGent Es war der international wohl am aufmerksamsten beobachtete Neustart der Saison: Von der Libération bis zur New York Times, von der NZZ bis zur Süddeutschen Zeitung waren die Kritiker nach Gent gereist, um Raus „Pläne für das europäische Theater“ (Financial Times) und seine beiden ersten Stücke „Die […]


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„Von Höhepunkt zu Höhepunkt“ – das war 2018, das wird 2019

 

„From strength to strength“: 100 Tage NTGent

Es war der international wohl am aufmerksamsten beobachtete Neustart der Saison: Von der Libération bis zur New York Times, von der NZZ bis zur Süddeutschen Zeitung waren die Kritiker nach Gent gereist, um Raus „Pläne für das europäische Theater“ (Financial Times) und seine beiden ersten Stücke „Die Wiederholung“ und „Der Genter Altar“ mitzuverfolgen.
Nach der ersten Spielzeithälfte sind die Urteile euphorisch: „Milo Rau eilte 2018 von Höhepunkt zu Höhepunkt“, bilanzierte die New York Times und wählte „Die Wiederholung“ – das erste 2018 gemäß dem „Genter Manifest“ inszenierte Stück – zu den 10 besten Inszenierungen des Jahres. Zahlreiche Kritikerumfragen in insgesamt 6 Ländern taten es der New York Times gleich:  „Die Wiederholung“ landete auf einem guten Dutzend Bestenlisten, von den USA bis Deutschland und von Italien bis Frankreich. Das schönste Kompliment machte dem Stück aber wohl Le Temps. In ihrem Jahresrückblick urteilte die Genfer Zeitung:  „Für viele das Stück das Jahres, für einige das Stück ihres Lebens“.

 

Retrospektive für Milo Rau in Amsterdam 

„Kein anderer Regisseur war 2018 in Flandern und Europa so heiß diskutiert und umstritten wie Milo Rau“, schrieb De Tijd vergangene Woche in ihrem Jahresrückblicks-Interview. Während das belgische Fernsehen gerade einen Film zu den Hintergründen von „Der Genter Altar“ fertigstellt und das holländische Fachmagazin De Theaterkrankt eine  kritische Zwischenstands-Reportage über das „Stadttheater der Zukunft“ veröffentlicht, steht übernächste Woche die erste Retrospektive zu Raus theatralem Werk im nierderländischsprachigen Raum an: Das ITA – International Theater Amsterdam – konzentriert sich mit seinem Brandhaarden Festival  ganz auf das Werk des Schweizers.
Nachdem das Festival vergangenes Jahr dem englischen Ausnahme-Regisseur Peter Brook gewidmet war, steht die diesjährige Edition im Zeichen von Raus „Theater des Realen“: ab dem 24. Januar sind am Amsterdamer Traditionshaus u. a. „Der Genter Altar“, „Lenin“, „Die 120 Tage von Sodom“, „Empire“, „Die Wiederholung“ und „Five Easy Pieces“ zu sehen.

 

 

„Orestes in Mossul“, „Das Neue Evangelium“ und „Familie“: drei neue Projekte für 2019 

„Ist Milo Rau wirklich der kontroverseste Theaterregisseur der Welt?“, fragte die New York Times zur Genter Spielzeiteröffung. Bereits der „Genter Altar“, vom belgischen Kulturradio Klara als „Monument der Menschlichkeit“ auf den ersten Platz ihrer Jahresbestenliste gewählt, war vielen Kritikern fast zu „altmeisterlich“ (RTBF) vorgekommen. 2019 nimmt sich Rau nun zwei weiterer Klassiker der europäischen Tradition an: Der Orestie und der Bibel. Die Vorbereitungen zur Verfilmung des Evangeliums rund um die süditalienische Stadt Matera (AT „Das Neue Evangelium“) beginnen diese Woche. „In unserer Adaption des Evangeliums sollen alle Rollen von den Verlierern der heutigen Weltwirtschaft gespielt werden: von den durch die Getreideimporte in Konkurs gegangenen süditalienischen Bauern und den in Italien gestrandeten Flüchtlingen aus Afrika“, wie der Regisseur im Tagesanzeiger schreibt. Die öffentlichen Teile des Drehs – die Passion Christi bis zur Kreuzigung – finden im September in und um die Europäische Kulturhauptstadt Matera statt, der Film kommt voraussichtlich 2020 in die Kinos.
Für die  Neubearbeitung der Orestie mit einem Team aus europäischen und irakischen Künstlern (AT „Orestes in Mossul“) sind Rau, der Dramaturg Stefan Bläske und der Schauspieler Johan Leysen bereits im November nach Mossul  gereist. Im März werden, nach einer Arbeitsphase in Gent, die Proben in der ehemaligen Hochburg des Islamischen Staats weitergehen (Premiere 17. April 2019). „Als das Werk 458 vor Christus uraufgeführt wurde, war Mossul längst eine Weltstadt. Wenn Raus Adaption auf die Bühne kommt, wird Mossul noch immer ein Ort der Trümmer sein“, wie die Frankfurter Rundschau in einem Text zur Lage in Mossul schrieb.
Parallel zu diesen beiden internationalen Projekten schließt Rau mit der Produktion „Familie“ 2019  den mit „Five Easy Pieces“ (2016) und „Die Wiederholung“ (2018) begonnenen Zyklus „Belgian Crimes“ ab. „Familie“ wird wie „Orestes in Mossul“ mit Schauspielern des „global ensemble“ des NTGent erarbeitet und Anfang Januar 2020 Premiere feiern.

 

Kunst und Engagement: Debatten im Januar und Februar 

Neben den Gastspielen und Neuproduktionen – allein „Die Wiederholung“ wird 2019 auf vier Kontinenten zu sehen sein – beginnt auch dieses Jahr mit verschiedenen Diskussionsveranstaltungen. Wie entsteht ein Stück, was heißt „Globaler Realismus“ und wie gehen Engagement und Kunst zusammen? Im Januar wird Rau am International Theater Amsterdam oder in der Kaserne Basel  Einblicke in seine aktuellen Projekte geben, im Februar an der „Woche der Kritik“ zum Auftakt der Berlinale teilnehmen oder am Schauspiel Köln „Unter vier Augen“ mit Jakob Augstein („Der Freitag“) über seine Arbeit diskutieren.



  „Schafft die Nationalstaaten ab!“, hatte Milo Rau vergangenes Wochenende anlässlich der Verlesung seines mit Ulrike Guérot und Robert Menasse verfassten Manifests zur Gründung einer „Europäischen Republik“ in 150 europäischen Städten gefordert. Nun sind dem Schweizer Regisseur die nationalen Grenzen selbst in die Quere gekommen. Rau sollte morgen Samstag in St. Petersburg mit dem von […]


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Milo Rau kann nicht nach Russland reisen zur Verleihung des Europäischen Theaterpreises / Freiheit für Kirill Serebrennikow: Statements des Regisseurs Milo Rau und des Jury-Mitglieds Marina Davydova

 

„Schafft die Nationalstaaten ab!“, hatte Milo Rau vergangenes Wochenende anlässlich der Verlesung seines mit Ulrike Guérot und Robert Menasse verfassten Manifests zur Gründung einer „Europäischen Republik“ in 150 europäischen Städten gefordert. Nun sind dem Schweizer Regisseur die nationalen Grenzen selbst in die Quere gekommen. Rau sollte morgen Samstag in St. Petersburg mit dem von der EU-Kommission vergebenen „XV. Europe Prize Theatrical Realities“ ausgezeichnet werden, wie u. a. die Schweizer Depeschenagentur vergangenen September meldete. Wie die Zeitung „La Vanguardia“ heute berichtete, kann Rau an der Zeremonie zu den Europäischen Theaterpreisen jedoch nicht teilnehmen.

 

Seit seinem Projekt „Die Moskauer Prozesse“ (2013/14), in dem er sich kritisch mit der Kunstfreiheit in Russland auseinandergesetzt hat, verfügt Milo Rau über keine Einreisegenehmigung nach Russland mehr. Einladungen u. a. ans „Golden Mask Festival“ und an die „Manifesta“ waren an Visum-Problemen gescheitert. „Dass es sich nun wieder als zu schwierig erwiesen hat, ein Visum zu bekommen, überrascht mich nicht“, kommentiert Milo Rau. Nach mehrfachen Bemühungen der Veranstalter und nachdem Rau seine Reise nach Russland bereits absagen musste, wurde schliesslich heute Freitag Nachmittag plötzlich doch ein Visum in Aussicht gestellt – als klar war, dass Rau das Visum unmöglich noch an der zuständigen Botschaft in Antwerpen abholen konnte.

 

„Ich bin traurig, dass Milo Rau nicht nach St. Petersburg kommen kann“, kommentiert Marina Davydova, Mitglied der Jury des Europäischen Theaterpreises und Leiterin des NET-Festivals sowie Programmdirektorin der Wiener Festwochen 2016. Davydova zieht eine Parallele zum letztjährigen Gewinner Kirill Serebrennikow, der seit über einem Jahr in Moskau unter Hausarrest steht. „Die Situation ist absurd: Der Europäische Theaterpreise kommt nach Russland, und wir verlieren über Kirill, der letztes Jahr den Preis wie Milo nicht entgegennehmen konnte, kein Wort.“

 

„Dass ich nicht nach Russland fahren kann, ist eine reine Formalität, verglichen damit, dass Kirill Serebrennikow momentan im Hausarrest sitzt“, so auch Milo Rau. „Wie können wir in Russland den „Europäischen Theaterpreis“ feiern, ohne die Tatsache auch nur eines Wortes zu würdigen, dass im gleichen Land einer der letztjährigen Preisträger einem Schauprozess ausgeliefert wird? Warum dieses groteske Schweigen? Es ist Zeit, dass wir unsere Unterstützung für Kirill Serebrennikow klar zum Ausdruck bringen!“

 

Das komplette Statement des Regisseurs finden Sie hier im Anschluss.

 

 

Statement von Milo Rau anlässlich der Preisverleihung des Europäischen Theaterpreises

Am 17. November 2018 in St. Petersburg

 

Liebe Kollegen, sehr geehrte Jury,

wie Sie wohl bereits wissen, kann ich heute Abend nicht in St. Petersburg sein. Das tut mir sehr Leid, da ich mich über die Auszeichnung, die mir und meinen Mitarbeitern verliehen wird, extrem freue. Dass es sich als zu schwierig erwiesen hat, ein Visum für Russland zu bekommen, überrascht mich jedoch nicht.

Seit unserem Projekt „Die Moskauer Prozesse“ vor fünf Jahren, in dem wir uns kritisch mit der Kunstfreiheit in Russland auseinandergesetzt haben, konnten wir nicht mehr in dieses Land einreisen – sei es zur „Manifesta“ oder ans „Golden Mask Festival“ und an weitere Veranstaltungen. Immer gab es Probleme, diesmal etwa war das Einladungsschreiben inkorrekt, dann war eine andere Botschaft zuständig undsoweiter. Erst gestern Freitag erhielt ich plötzlich die überraschende Nachricht, ich könne in zwei Stunden auf die russische Botschaft in Antwerpen kommen. Zu einem Zeitpunkt, als ich nicht mal mehr in Belgien war – und in St. Petersburg die Vorstellung meines Films „Das Kongo Tribunal“ längst begonnen hatte.

Aber wie absurd das auch sein mag: Dass ich heute nicht bei Ihnen bin, ist völlig irrelevant. Es ist nicht mehr als eine dumme Formalität. So dumm, dass ich mir nicht einmal sicher bin, ob dahinter wirklich eine klare politische Absicht steht – so wie man das bei den russischen Behörden ja nie so genau weiss. Doch diese Erwägungen sind völlig irrelevant angesichts der Tatsache, dass der Regisseur Kirill Serebrennikow, der den gleichen Preis vor einem Jahr erhalten hat, momentan aufgrund grotesker Anklagen vor Gericht sitzt. Wie Sie wissen, konnte er den Preis 2017 nicht entgegen nehmen, weil er bereits damals in Hausarrest sass. Und da ist er immer noch, und wer weiss, wie lange noch.

Nun befinden wir uns also in der folgenden Situation: Der Europäische Theaterpreis kommt nach Russland, und wir verlieren über Kirill Serebrennikov, der im gleichen Russland von 10 Jahren Gefängnis bedroht ist, offiziell kein Wort. Wie können wir aber die Kraft und die Freiheit des Theaters, wie können wir uns selbst und den europäischen Austausch feiern, gleichzeitig aber darüber schweigen, dass einer der letztjährigen Preisträger einem Schauprozess ausgeliefert ist? Wollen wir der Welt wirklich dieses unwürdige Schauspiel liefern? Was bedeutet das für den Europäischen Theaterpreis und für uns, die Theatermacher insgesamt, wenn wir nicht einmal zu dieser einfachsten Form von Solidarität bereit sind?

In der Begründung für die Preisverleihung an mich und meine Mitarbeiter heisst es, dass wir für unser „leidenschaftliches Interesse an gesellschaftspolitischen Themen“ ausgezeichnet würden. Das ist schön formuliert, konkret heisst das aber: Serebrennikows Fall ist auch mein, auch unser Fall, so wie es der Fall von Pussy Riot oder der von orthodoxen Vandalen zerstörten Ausstellungen „Verbotene Kunst“ und „Achtung! Religion“ im Sacharow-Zentrum waren, die ich in den „Moskauer Prozessen“ zum Thema gemacht habe. Ich bedaure sehr, dass ich in diesem Moment nicht bei Ihnen sein kann. Es kommt mir falsch und ungenügend vor, ein Statement zu schicken. Aber leider bleibt mir keine andere Möglichkeit, und vielleicht ist auch das nur ein Teil dieser ganzen absurden Situation: dass sogar Protest nur noch per Email möglich ist.

Es ist Zeit, dass wir alle unsere Unterstützung für Kirill Serebrennikow zum Ausdruck bringen – im Namen dieses Preises und des Theaters! Ich hoffe, dass dieser dumme Prozess, dem Kirill ausgesetzt ist, bald vorbei und er wieder frei ist! Und natürlich hoffe ich, dass wir uns bald alle persönlich treffen können!

Ich danke Ihnen!

 

Milo Rau, Köln, 17. November 2018



  Wohl noch nie wurde eine Inszenierung von Milo Rau so heiß erwartet wie „La Reprise / Die Wiederholung“, die am 4. Mai 2018 am Brüsseler Nationaltheater Premiere feierte. Das Stück, das den Mord am Homosexuellen Ihsane Jarfi im Jahr 2012 zum Thema hat und in einer 20minütigen Folterszene gipfelt, wurde von Publikum und Presse […]


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„Willkommen im Stadttheater der Zukunft“: Einladung zur Spielzeit Präsentation 2018/19 am Freitag, 18. Mai

 

Wohl noch nie wurde eine Inszenierung von Milo Rau so heiß erwartet wie „La Reprise / Die Wiederholung“, die am 4. Mai 2018 am Brüsseler Nationaltheater Premiere feierte. Das Stück, das den Mord am Homosexuellen Ihsane Jarfi im Jahr 2012 zum Thema hat und in einer 20minütigen Folterszene gipfelt, wurde von Publikum und Presse gleichermassen gefeiert. „Grausamer Mord wird theatrales Meisterwerk“, schrieb der Standaard, Bruzz sah einen „Hammersschlag“, Le Soir eine „Hommage an alle Möglichkeiten des Theaters“, das belgische Fernsehen RTBF einen „neuen ‚großen’ Milo Rau, der alles Drama auf Distanz bringt, um uns zutiefst zu erschüttern“, DIE ZEIT eine „grandiose Rekonstruktion (…) von gleißender Schönheit“,  La Libre Belgique schließlich ein „Meisterwerk (…) das die Theatergeschichte prägen wird.“

 

Gleichzeitig führte die Darstellung sinnloser Gewalt, mit der Rau an seine klassischen Reenactments wie „Die letzten Tage der Ceausescus“ gleichermassen wie an die Metatheater-Etüden „Five Easy Pieces“ oder „Die 120 Tage von Sodom“ anknüpft, gerade in seiner Feier der Theatermittel zu Ablehnung: „Egal wie sehr meta Rau sein Theater ausdehnt, er stellt seine eigene Position nicht in Frage“, schrieb die Zeitschrift Et-cetera. Bilden Sie sich selbst ein Urteil: Ab Mittwoch 16. Mai wird „La Reprise“ am NTGent gezeigt (einige Resttickets noch für Samstag, 19. Mai verfügbar), dann wandert die Inszenierung weiter, neben vielen weiteren Stationen ans Théâtre Vidy Lausanne, die Kaserne Basel, an die Berliner Schaubühne, ans Festival d’Avignon, ans Romaeuropa Festival und ans Pariser Festival d’Automne.

 

Im Rahmen der Aufführungen von „La Reprise“ wird in Gent diese Woche auch die erste Saison von Milo Rau in Gent als künstlerischer Leiter präsentiert. Am Freitag, 18. Mai 2018, um 19 Uhr wird in der Schouwburg das „Genter Manifest“ verlesen und die Künstler*innen und Produktionen der Spielzeit 2018/19 vorgestellt. Es soll ein „Stadttheater der Zukunft“ entstehen, in dem Lokales und Globales, Produktionsmethoden der freien Szene mit denen eines grossen Stadttheaters mit vier Bühnen überblendet werden: ein freies, offenes Produktionshaus mit internationalem Ensemble und Gästen, eine Schule und Werkstatt des Theaters – die nicht zuletzt ihre eigene Position und Vision immer neu in Frage stellt.



  „Ein Klassiker“, urteilte das belgische Fernsehen über Milo Raus Stück „Empire“ anlässlich des Gastspiels am diesjährigen Kunstenfestival in Brüssel. Der Siegeszug des fürs Berliner Theatertreffen nominierten und zum Schweizer Theatertreffen eingeladenen Abschlusses der Europa-Trilogie, gemäß der NZZ „das Theater des Euripides in die Gegenwart gedacht“, geht derweil weiter: Ab Mittwoch, den 31. Mai wird […]


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„Den Glauben ans Theater zurückgegeben“: Rückschau und Vorschau 2017/18

 

„Ein Klassiker“, urteilte das belgische Fernsehen über Milo Raus Stück „Empire“ anlässlich des Gastspiels am diesjährigen Kunstenfestival in Brüssel. Der Siegeszug des fürs Berliner Theatertreffen nominierten und zum Schweizer Theatertreffen eingeladenen Abschlusses der Europa-Trilogie, gemäß der NZZ „das Theater des Euripides in die Gegenwart gedacht“, geht derweil weiter: Ab Mittwoch, den 31. Mai wird es im Wettbewerb um den Mülheimer Dramatikerpreis für das beste deutschsprachige Stück 2017 antreten. „Empire“ ist damit das erste Werk in der Geschichte des wichtigsten deutschen Dramatiker-Preises, in dem kein einziges deutschsprachiges Wort vorkommt – eine genauso erfreuliche wie zukunftsweisende Entscheidung der Jury. Im Anschluss an die Schweizer Bestenschau und die Mülheimer Theatertage wird „Empire“ u. a. ans deutsch-französische Festival Perspectives und ans Epidauros Festival Athen reisen, bevor es Teil des Repertoires des Nationaltheaters Gent wird, dessen Leitung Milo Rau ab 2018 übernimmt.

 

Auch für „Five Easy Pieces“, die vorletzte Produktion des IIPM, ist die laufende Saison erfolgreich zu Ende gegangen. Das bisher in 20 Ländern gezeigte Stück wurde am Berliner Theatertreffen mit dem 3Sat-Preis ausgezeichnet, nachdem es u. a. ans holländische und belgische Theatertreffen eingeladen und mit dem belgischen Kritikerpreis ausgezeichnet worden ist. „Eine der grandiosesten Einladungen der letzten Jahre“, resümierte Deutschlandradio Kultur die Gastspiele des Genter Kinderstücks an der Berliner Bestenschau des deutschen Theaters, dem Blogger des Theatertreffens gab „Five Easy Pieces“ gar „den Glauben ans Theater zurück“, und der englische Kritiker Andrew Haydon schrieb: „Eines der 5 außerordentlichsten Stücke eines ganzen Lebens.“ Nach Berlin reist „Five Easy Pieces“ diese Saison noch nach Köln ans Impulse Festival, nach Madrid und nach Ljubljana. Ab der Saison 2017/18 wird eine zweite Version des Stücks parallel zur ersten die Welt bereisen, u. a. stehen eine Südamerika- und Nordamerika-Tour auf dem Programm.

 

Im Herbst 2017 wird zudem der lang erwartete Film „Das Kongo Tribunal“ nach einer Vorpremierentour durch die Demokratische Republik Kongo in die europäischen Kinos kommen. Parallel dazu entsteht, in Kooperation mit ARTE, dem ZDF und dem Schweizer Fernsehen, eine Multimedia-Plattform und ein interaktives Computerspiel zum „ambitioniertesten Theaterprojekt, das je auf die Bühne kam“ (The Guardian). Im Anschluss an „Das Kongo Tribunal“ präsentiert das IIPM im Herbst 2017 zudem ein weiteres politisches Großprojekt: „The General Assembly“. In der Bundeshauptstadt Berlin werden sich im November Ab­ge­ord­nete aus der ganzen Welt versammeln, um das neu gewählte deutsche Parlament herauszufordern – Repräsentant_innen jener Menschen, die von der deut­schen Politik betroffen, aber ohne politisches Mitspracherecht sind. An die Stelle eines Lokal­parlaments soll so ein Globalparlament treten: das erste Weltparlament der Menschheitsgeschichte.

 

Für die Saison 2017/18 entwickeln Rau und sein Team zudem drei neue Theaterstücke: Im Oktober 2017 wird an der Berliner Schaubühne das Revolutionspanorama „1917“ (mit der Gewinnerin des Reinhart-Rings 2017, Ursina Lardi, als Lenin) zu sehen sein, im Februar 2018 wird am Residenztheater München eine „Jeanne d’Arc für unsere Zeit“ (Spielzeitheft) entstehen. Im Mai 2018 schließlich kommt in Kooperation u. a. mit dem Théâtre National Bruxelles, der Berliner Schaubühne, dem Festival d’Avignon, Prohelvetia und dem Nationaltheater Gent der Theater-Essay „Geschichte des Theaters“ (mit Johan Leysen, Sara de Bosschere und Sébastien Foucault) auf die Bühne.

 

Seine persönliche Poetik eines globalen Menschheitstheaters hat Milo Rau derweil im Rahmen seiner „Saarbrücker Poetikdozentur für Dramatik“ umrissen, die am Montag, den 29. Mai zu Ende ging. Die drei Vorlesungen werden Anfang des nächsten Jahres unter dem Titel „Geschichte des Theaters“ im Berliner Alexander Verlag publiziert, angereichert mit dem Stücktext von Raus gleichnamiger Performance. Drei weitere Publikationen beleuchten zudem nächste Saison die Arbeit des „Bertolt Brecht des 21. Jahrhunderts“ (art.tv): im Zürcher Diaphanes Verlag erscheint unter dem Titel „Wiederholung und Ekstase“ eine Sammlung von Gesprächen, Theorie-Essays und Manifesten Milo Raus (Hg. Rolf Bossart/Dieter Mersch). Im Verbrecher Verlag beleuchten die beiden Bände „Das Kongo Tribunal“ und „1917“ sowie die wieder aufgelegte „Europa Trilogie“ die Arbeit Raus an einem „globalen Volkstheater“, das der Autor und designierte Intendant des NTGent selbst in zwei aktuellen, programmatischen Interviews in „Le Soir“  und dem „Tages-Anzeiger“ umreißt.



  Wie das NTGent am 27. April im Rahmen einer Pressekonferenz bekannt gab, übernimmt der Schweizer Autor und Regisseur Milo Rau ab der Saison 2018/19 die Direktion des NTGent. Milo Rau folgt als künstlerischer Direktor auf den niederländischen Regisseur Johan Simons, mit ihm im Leitungsteam sind Stefan Bläske, der feste Dramaturg des IIPM, sowie Steven Heene, künstlerischer Koordinator des […]


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Milo Rau neuer Künstlerischer Direktor des Nationaltheaters Gent

 

Wie das NTGent am 27. April im Rahmen einer Pressekonferenz bekannt gab, übernimmt der Schweizer Autor und Regisseur Milo Rau ab der Saison 2018/19 die Direktion des NTGent. Milo Rau folgt als künstlerischer Direktor auf den niederländischen Regisseur Johan Simons, mit ihm im Leitungsteam sind Stefan Bläske, der feste Dramaturg des IIPM, sowie Steven Heene, künstlerischer Koordinator des NTGent.

 

Das NTGent ist das größte Ensemble-Theater im flämischsprachigen Raum und bespielt neben seinem Haupthaus, der 1899 erbauten Koninklijke Nederlandse Schouwburg, die Bühnen im Arca und das Minnemeers. Neben einem umfangreichen Gastspielprogramm sind in den letzten Jahren am NTGent zahlreiche herausragende Inszenierungen entstanden, etwa „Platonov“ von Luk Perceval, „Tauberbach“ von Alain Platel und les ballets C de la B oder „Gift“ von Johan Simons. Rau und das IIPM, deren Genter Produktion „Five Easy Pieces“ zum diesjährigen Berliner Theatertreffen eingeladen ist, verstetigen mit der Übernahme der Direktion des NTGent ihre Arbeit im belgisch-niederländischen Raum, die 2012 mit der ebenfalls zum Berliner Theatertreffen eingeladenen Produktion „Hate Radio“ (Koproduktion mit der Beursschouwburg Brüssel) ihren Ausgang genommen hat und seither mit weiteren Produktionen (u. a. „The Civil Wars“) vertieft wurde.

 

Neben zwei internationalen Produktionen von Rau und dem IIPM sind für die Eröffnungssaison 2018/19 u. a. eine Regiearbeit von Luk Perceval und ein an die Erfahrungen mit „Five Easy Pieces“ anchließendes Kinderstück geplant. In der Vorbereitungs-Saison 2017/18 werden die IIPM-Produktionen „General Assembly“ (UA November 2017, Schaubühne Berlin) und „Histoire du Théâtre“ (UA Mai 2018, Kunstenfestivaldesarts Brüssel) am NTGent im Rahmen von Kooperationen zu sehen sein. So werden Rau und sein Team in Gent ihre konsequente Arbeit an einem globalen Realismus fortsetzen – auf der Suche nach einem „Theater der Zukunft, das das Lokale mit dem Europäischen und Ensemble-Theater mit internationalem Touring verbindet“ (Konzept Künstlerische Leitung).

 

Die Pressemitteilung des NTGent finden Sie hier.

 

Wir freuen uns auf die neue Aufgabe, aber auch auf die weitere Zusammenarbeit mit unseren bisherigen Partnern, Förderern und Koproduktionshäusern.



  Die Reaktionen von Presse und Publikum auf das Ende Mai am Kunstenfestival Brüssel uraufgeführte Kinder-Stück „Five Easy Pieces“ um den Kindermörder Marc Dutroux waren „euphorisch“, wie DE STANDAARD in einer Rückschau auf den Medienwirbel um „das Ereignis des diesjährigen Kunstfestivals“ zusammenfasst. „Ein Schauspiel voller Finesse und Intelligenz, großartig und respektvoll“, urteilte LA LIBRE BELGIQUE, der […]


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„Die beeindruckendste Performance der letzten 10 Jahre“
Euphorische Kritik für FIVE EASY PIECES

 

Die Reaktionen von Presse und Publikum auf das Ende Mai am Kunstenfestival Brüssel uraufgeführte Kinder-Stück „Five Easy Pieces“ um den Kindermörder Marc Dutroux waren „euphorisch“, wie DE STANDAARD in einer Rückschau auf den Medienwirbel um „das Ereignis des diesjährigen Kunstfestivals“ zusammenfasst. „Ein Schauspiel voller Finesse und Intelligenz, großartig und respektvoll“, urteilte LA LIBRE BELGIQUE, der staatliche Radio- und Fernsehsender RTBF hatte „die beeindruckendste, berührendste Performance der letzten 10, 15 Jahre“ gesehen, LE SOIR erlebte ein „fast leichtsinnig geniales“ Stück und anlässlich der auf die Uraufführung folgenden Gastspiele am SPRING Festival in den Niederlanden schrieb die holländische Tageszeitung TROUW: „Theater in seiner konfrontierendsten, pursten und beunruhigendsten Form.“

 

Dem gemeinsam mit dem durch Produktionen wie „That Night Follows Day“ (Tim Etchells) oder „Before Your Very Eyes“ (Gob Squad) europaweit berühmt gewordenen Kunstzentrum CAMPO produzierten Stück des IIPM war ein medialer Skandal vorausgegangen. „Der Regisseur gehört vors Gericht“, hatte etwa die führende belgische Boulevard-Zeitung DAG ALLEMAL gefordert. Doch die in den Medien, in Talkshows und im Internet geführte Debatte löste sich, wie die deutsche Sonntagszeitung BILD AM SONNTAG beobachtete, am Premierenabend auf: „Das zutiefst bewegte Publikum klatschte begeistert. Für die sieben Kindern beginnt nun ein großes Abenteuer: Sie spielen ihr Stück in den nächsten zwei Jahren in 30 verschiedenen Ländern.“ In Deutschland wird „Five Easy Pieces“ am 1. Juli in den Sophiensaelen Berlin seine deutsche Erstaufführung feiern und tourt dann weiter nach Hamburg, München, Zürich, Oslo, Singapur, Genf, Rom, Manchester, Paris und in zahlreiche weitere Städte in und außerhalb Europas.

 

Kritikerstimmen zur Uraufführung von „Five Easy Pieces“ (Auswahl)

 

Die beeindruckendste, berührendste Performance seit 10, 15 Jahren. Das komplette Publikum kam aus der Performance mit einem Lächeln auf dem Gesicht, und zugleich mit einem Knoten im Magen. Es war schlicht unglaublich.“ RTBF

 

„Die Zuschauer verlassen ‚Five Easy Pieces‘ erschüttert. Das ist kein Theaterstück, sondern eine Geißelung. Eine der berührendesten Fabeln über die Geschichte Belgiens, die je auf die Bühne kamen. Es ist das – fast rücksichtslose – Genie von Milo Rau, das dieses heikle Spiel zur kraftvollen Metapher macht. Ein Parforce-Ritt, intelligent und berührend, das denkwürdigste Stück des Kunstenfestivals.“ Le Soir

 

„Theater in seiner konfrontierenden, pursten und beunruhigendsten Form.“ Trouw

 

„Wir sehen sieben fröhliche Kinder auf der Bühne. Sie spielen, dass sie alt sind, dass sie tot sind, dass sie trauernde Eltern sind. Sie haben ihren Spass dabei, doch langsam dringt der Horror durch. Für den Zuschauer ist dies alles tief erschütternd. Denn Theater, so suggeriert Rau, ist Tun-als-Ob, ist die Manipulation des Publikums durch Schauspieler, die ihrerseits vom Regisseur manipuliert werden. Eine kraftvolle Metapher auf die Affäre Dutroux. Das Stück klingt nach wie ein Hammerschlag.“ Theaterkrant

 

„Ein Schauspiel voller Finesse und Intelligenz, großartig und respektvoll (…) Sensibel, menschlich, eine Feier des Lebens und eine Ohrfeige für unsere Gesellschaft. Ein unglaublicher Moment, das Ereignis des diesjährigen Kunstenfestivals.“ La Libre Belgique

 

„‚Five Easy Pieces‘ lässt einen erschauern und lachen. Nicht nur eine Geschichte Belgiens, sondern auch eine allegorische Erzählung über das Theater, über Macht und Unterwerfung. Unverantwortlich gutes Theater.“ Het Nieuwsblad

 

„Milo Rau ist derzeit der interessanteste Künstler Europas. ‚Five Easy Pieces‘ ist ein Lehrstück in der Tradition Brechts (…) Die Kritiken sind euphorisch.“ De Standaard

 

„Seien wir ehrlich: Milo Rau gilt nicht grundlos als spannendster Regisseur Europas. (…) Denn ‚Five Easy Pieces‘ ist mehr als ein Lehrstück: Es überträgt seine pädagogischen Lektionen auf ein Metaniveau, von der Beziehung Schauspieler-Stück zur Beziehung Bühne-Publikum. Es ist nicht nur äußerst berührendes, kunstvolles Theater – sondern auch die meisterliche Stilübung eines Regisseurs, der die Wirkung von Kunst überhaupt befragt.“ Etcetera

 

„Das Publikum ist begeistert (…) ‚Five Easy Pieces‘ ist ein Stück, das man unbedingt gesehen haben muss.“ La Capitale

 

„‚Five Easy Pieces‘ ist ein Stück von unglaublicher Komplexität und Schönheit. Milo Rau untersucht nicht nur ein nationales Trauma, er stellt die Frage nach der Möglichkeit des Erzählens überhaupt. Noch nie hat man Kinder so gut spielen sehen auf der Bühne. Und damit nicht genug: Die Fragen, die das Stück stellt, werden Sie nicht mehr loslassen.“ Klara

 

„Delikat, fast pianissimo widmet sich Milo Rau seinem Thema… Ein zutiefst berührendes Spiel entwickelt sich, das die Codes der Theater-Rezeption durcheinander wirbelt: der erwachsene Zuschauer findet sich mit seinen eigenen Ängsten konfrontiert, gespielt von Kindern.“ IO Gazette

 

„Milo Rau ist einer der berühmtesten politischen Regisseure der Welt, und auch ‚Five Easy Pieces‘ tut weh. Kindermund tut Wahrheit kund – wegschauen geht nicht.“ Knack

 

„Ein Meisterwerk. (…) Das unglaubliche Talent von Milo Rau ermöglicht es, dass ein Theaterstück jenseits aller üblichen Maßstäbe entsteht: Es erzählt uns die Affäre Dutroux, und gleichzeitig ist es eine Psychoanalyse der belgischen Dekadenz von der Unabhängigkeit des Kongo bis heute. (…) Ganz großes Theater, menschlich, sensibel, intelligent und politisch.“ rtbf.de

 

„Der Schweizer Milo Rau ist einer der erfolgreichsten und radikalsten politischen Theatermacher unserer Zeit. Sein neuestes Stück, das nach der Premiere in Brüssel durch Europa tourt, wird wieder Kontroversen hervorrufen: „Five Easy Pieces bringt das Leben des Kindermörders Marc Dutroux auf die Bühne mit Kindern und Jugendlichen!“ ARTE

 

„Dieses Stück verfügt über so viele Nuancen und Ebenen wie auch mögliche Interpretationen, Meinungen und Haltungen, sich ihm zu nähern. Es ist genauso eine schlagende Lektion über das Theater wie die Geschichte. Milo Rau ist ein Autor von wesentlicher Bedeutung für unsere Zeit.“  Nuvol

 

„‚So was kann man nicht machen – Das muss verboten werden.‘ Die Anrufer einer belgischen Radio-Talkshow empörten sich über ein Theaterstück, das sie noch gar nicht gesehen hatten. (…) An der Premiere klatschte das zutiefst bewegte Publikum begeistert. Für die sieben Kinder beginnt nun ein Abenteuer: Sie spielen ihr Stück in den nächsten zwei Jahren in 30 verschiedenen Ländern.“ Bild am Sonntag

 

„Wer hätte das gedacht: Am Ende des Stücks ist einem leicht.“ Nachtkritik.de