Das war 2014, das wird 2015
Rückblick und Vorschau

 

Vier neue Grossprojekte lanciert das IIPM im Jahr 2015: Mit THE DARK AGES (UA Residenztheater München, 11. April 2015) und DIE GESCHICHTE DES MASCHINENGEWEHRS (UA Schaubühne Berlin, 11. November 2015) kommen nach dem von Presse und Publikum gefeierten THE CIVIL WARS Teil 2 und Teil 3 von Milo Raus EUROPA-TRILOGIE in die Theater. Der Film DAS KONGO TRIBUNAL, eine deutsch-schweizerische Koproduktion über den seit 20 Jahren andauernden Konflikt im Ostkongo, geht mit zwei öffentlichen Mammut-Tribunalen in Bukavu/Ostkongo (Mai 2015) und Berlin (Juni 2015) in die Drehphase, Kinostart ist das Frühjahr 2016. Und ebenfalls für die Spielzeit 2015/2016 entsteht in Kooperation mit CAMPO Gent und den Berliner Sophiensaelen unter dem Arbeitstitel PEDOPHILIA erstmals eine Regiearbeit von Milo Rau mit Kindern und Jugendlichen.

 

2014 war das bisher erfolgreichste Jahr seit Gründung des IIPM – International Institute of Political Murder im Jahr 2007. Die Hörspielfassung von HATE RADIO wurde mit dem „Hörspielpreis der Kriegsblinden“ ausgezeichnet, der von der internationalen Presse gefeierte Kinofilm DIE MOSKAUER PROZESSE erhielt am 10. Festival des Deutschen Films im September 2014 eine „Besondere Auszeichnung“. Die schweizerisch-belgisch-deutsche Neuproduktion THE CIVIL WARS wurde mit dem Preis der Theater-Triennale „Politik im Freien Theater“ ausgezeichnet, von einer Experten-Jury des Schweizer Fernsehens als eines der „5 besten Theaterstücke 2014“ ausgewählt und wird seit der Premiere am Zürcher Theaterspektakel europaweit von Presse und Publikum als „zutiefst berührendes“ Meisterwerk (La Libre Belgique) gefeiert. Dazu gehen im Jahr 2014 noch der erstmals verliehene „Schweizer Theaterpreis“ und der renommierte „Bigler-Preis“ für die „ans Wesen des antiken Theaters anknüpfende“ Arbeit des Regisseurs Milo Rau und seines Teams aufs Konto des IIPM. Festivals und Theater in Genf (La Batie), Montréal (Festival TransAmeriques) und Brüssel (Beursschouwburg) veranstalteten im vergangenen Jahr umfangreiche Werkschauen zur Arbeit des IIPM, die Filme und Stücke der Produktionsgesellschaft waren 2014 in über 20 Ländern zu sehen. Von den zahlreichen Publikationen des IIPM wurde eine – HATE RADIO – zudem von der Bundeszentrale für Politische Bildung als Schulbuch nachgedruckt, zwei weitere – DIE LETZTEN TAGE DER CEAUSESCUS und WAS TUN? – gingen in die 2. Auflage.

 

Dank der erneuerten Basisförderung durch den Berliner Senat wird auch im kommenden Jahr Berlin einer der zentralen Produktionsstandorte des IIPM bleiben – weiterhin in Kooperation mit den Sophiensaelen und der Schaubühne am Lehniner Platz. An den Sophiensaelen wird im Juni 2015 mit DIE BERLIN HEARINGS während dreier Tage die zweite Session des KONGO TRIBUNALS stattfinden, im November 2015 kommt mit DIE GESCHICHTE DES MASCHINENGEWEHRS die EUROPA-TRILOGIE an der Schaubühne am Lehniner Platz zum Abschluss. Zudem wird Milo Rau als Juror des diesjährigen Stückemarkts im Rahmen des Berliner Theatertreffens 2015 die Seiten wechseln – und gemeinsam mit seinen Mitjuroren Tim Etchells, Helgard Haug, Lutz Hübner und Yvonne Büdenhölzer aus den über 200 Einsendungen das diesjährige Siegerstück ermitteln.

 

Ebenfalls weiter ausgebaut wird der Schweizer Produktionsstandort des IIPM: Seit August 2014 kooperiert unsere Produktionsgesellschaft mit der Zürcher Hochschule der Künste im Rahmen eines mehrjährigen künstlerischen Forschungsprojekts, in dessen Verlauf bis 2016 ein Kongress, mehrere Seminare und zwei ästhetiktheoretische Publikationen geplant sind. Für das kommende Jahr wird das IIPM zudem fester Partner der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia. Kooperationen mit dem Residenztheater München (THE DARK AGES) sowie mehrmonatige Werkschauen am Théâtre Nanterre-Amandiers (Paris/Frankreich) und dem Theater CAMPO (Gent/Belgien) komplettieren den üblichen Tourbetrieb des IIPM. Auf Frühjahr 2015 erscheint zudem im Berliner Verbrecher Verlag Raus neues Buch ALTHUSSERS HÄNDE – Herausgeber ist Rolf Bossart.

 

Das erste Halbjahr 2015 im Überblick:

 

1) THE DARK AGES. 2. TEIL DER EUROPA-TRILOGIE / Theater
11. April 2015 / Residenztheater München

Was geschieht mit Menschen, wenn ihre Überzeugungen und Staaten zerbrechen? Auf welches Fundament ist Europa gebaut? Von 1945 bis 1995, vom Untergang des Dritten Reichs bis zur Belagerung Sarajevos: Im zweiten Teil seiner Europatrilogie widmet sich Milo Rau unter dem Titel THE DARK AGES der finsteren Vorgeschichte des sich vereinigenden Europas. Schauspieler aus Bosnien, Deutschland, Russland und Serbien erzählen Geschichten der Vertreibung und der Heimatlosigkeit, des Weggehens und des Ankommens, des Engagements und der Verzweiflung. Biographische Close-Ups, begleitet von Musik, die die slowenische Kult-Band Laibach für THE DARK AGES komponiert: Wie bereits bei Raus gefeierter Produktion THE CIVIL WARS entsteht ein intimes Tableau eines vielfach gebrochenen Kontinents – eine politische Psychoanalyse unserer Zeit.

 

2) DAS KONGO TRIBUNAL / Theater & Film
29. bis 31. Mai 2015 / Bukavu, Ostkongo / Die Bukavu Hearing
26. bis 28. Juni 2015 / Sophiensaele Berlin / Die Berlin Hearings

Ausgelöst vom ruandischen Genozid 1994, hat der aufgrund der direkten oder indirekten Verwicklung aller Großmächte unserer Zeit auch als „Dritter Weltkrieg“ bezeichnete Kongo-Krieg bereits über 3 Millionen Tote gefordert. Viele Beobachter sehen in ihm nicht nur einen Kampf um die politische Vorherrschaft in Zentralafrika, sondern zugleich eine der entscheidenden wirtschaftlichen Verteilungsschlachten im Zeitalter der Globalisierung. Der Film „Das Kongo Tribunal“ durchleuchtet anhand eines Tribunals vor Ort im Ostkongo und in Berlin die Gründe und Hintergründe dieses seit bald 20 Jahren andauernden Kriegs. Die Tribunale finden live for Publikum statt, internationaler Kinostart ist im Frühjahr 2016. Der Film entsteht in Koproduktion mit der Fruitmarket Kultur und Medien GmbH (Deutschland) und der Langfilm AG (Schweiz).

 

3) ALTHUSSERS HÄNDE. ESSAYS UND KOMMENTARE / Buch
Erscheint im April 2015 / Verbrecher Verlag Berlin / Herausgegeben von Rolf Bossart

„Die Wahrheit tritt nicht in unser Leben, um uns mit Küssen und Tränen zu wecken, aber wir alle sind unruhig, wir alle sind bereit“, schreibt Milo Rau in seinem 2008 entstandenen autobiographischen Essay „Nachmittag eines Linksfaschisten“. Der vorliegende Band versammelt Texte Raus aus 10 Jahren und zeigt den „Theaterrevolutionär“ (Der Spiegel) in allen erdenklichen Facetten: als kämpferischen Reporter und ironischen Autobiographen, als Liebhaber von Euripides genauso wie von Nicole Kidman. Ob Filmkritik zu David Lynch, Essay zu Roland Barthes oder Traumprotokoll, ob ästhetisches Manifest oder soziologische Miniatur: Rau ist stets ganz nahe am Gegenstand und zugleich auf Augenhöhe mit der Weltgeschichte. Und auch die tiefsinnigste Betrachtung greift aus ins politische Engagement, ganz nach dem Motto von Raus legendärem Weblog ALTHUSSERS HÄNDE: „Ich weiss sehr wohl, wie widersprüchlich man sein muss, um wirklich konsequent zu sein.“